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Rat mal wer zum Essen kommt - Oder: Saugwürmer, die neue Plage?

Apolemichthys xanthopunctatus mit trübem Auge und zerfransten Flossen aufgrund von Saugwürmern

Viele Todesfälle bei Neuzugängen im Meerwasserbereich gehen wahrscheinlich auf das Konto von monogenen Saugwürmern, doch dabei bleiben sie oft unentdeckt. Der vorliegende Artikel stellt diese Parasiten kurz vor und gibt Tipps, sie zu erkennen und wieder loszuwerden.

Wer kennt die Situation nicht: ein Neuzugang kommt ins Becken und wird vielleicht anfangs von den bisherigen Bewohnern ein bisschen schikaniert. Nach ein paar Tagen bessert sich die Situation aber der Fisch hat noch immer ausgefranste Flossen und verkriecht sich. Er hört auf zu Fressen und nach ein paar Tagen ist er tot.

Vielleicht wurde der Fisch ein Opfer der Mitbewohner, vielleicht aber steckten ganz andere Übeltäter dahinter: Saugwürmer.

Was sind Saugwürmer?

Wissenschaftlich gesehen handelt es sich bei den hier thematisierten Saugwürmern um Monogenea, also parasitäre Plattwürmer, die sich von unseren Pfleglingen ernähren und sich im Aquarium bzw. am Fisch ohne Zwischenwirte vermehren können. Ein klassisches Rezept für ein Disaster.

Die Würmer, die sich je nach Art über Eier oder lebenden Nachwuchs fortpflanzen können, haften sich, ähnlich wie man es sich bei einem Egel vorstellen kann, an die Haut, Augen oder Mundpartie ihres Opfers (klassisch würde man das "Wirt" nennen) und ernähren sich dort von Blut und Gewebe. Da die Saugwürmer selbst transparent sind und sich teilweise auch unter den Schuppen verstecken, sieht man sie meist trotz ihrer Größe von mehreren Millimetern nicht direkt.

Grundsätzlich können alle von uns gepflegten Fische mit Saugwürmern befallen sein, besonders anfällig scheinen aber Kaiserfische und Falterfische zu sein.

 

Auf welche Symptome sollte man achten? Die Fische werden durch die Saugwürmer nicht nur stark geschädigt, sondern auch sehr gestresst. Deshalb gibt es sowohl typische Verhaltensänderungen als auch körperliche Merkmale, auf die man achten kann.

Apolemichthys xanthopunctatus mit trübem Auge und zerfransten Flossen aufgrund von Saugwürmern

    Physische Symptome: 1) Verfärbte bzw. gefleckt erscheinende Hautareale 2) Ausgefranste oder "abgefressene" Flossen 3) Eines oder beide Augen sind getrübt und manchmal auch hervorstehend 4) Manchmal erkennt man auch die Saugwürmer selbst als ein paar Millimeter große Plattwürmer, die sich am Fisch bewegen. Gerade am Auge fallen sie oft auf     Verhaltensänderungen: 1) Der Fisch schüttelt den Kopf oder einzelne Flossen wiederholt, als ob er etwas abschütteln will 2) Der Fisch versteckt sich oder hängt apathisch in einer Ecke des Aquariums 3) Schnelle Atmung 4) Plötzlicher Appetitverlust - der Fisch interessiert sich entweder nicht für Futter oder beißt nicht zu   Fische können eines oder mehrere der oben genannten Symptome aufweisen, was jedoch nicht automatisch bedeutet, dass sie auch unter Saugwürmern leiden. Sichern kann man den Verdacht mit einem diagnostischen Süßwasserbad. Dabei wird der betroffene Fisch für 5 bis 10 Minuten in Leitungswasser oder gepuffertem und vorher belüfteten Osmosewasser mit der gleichen Temperatur wie im Aquarium gebadet. Fallen dabei mehrere Millimeter große, weißliche runde bis ovale Scheiben (Plattwürmer) in größerer Zahl ab, handelt es sich mit ziemlicher Sicherheit um einen Befall mit Saugwürmern.      Wie kann man vorsorgen? Zuallererst steht natürlich die Prophylaxe - also dass man überhaupt erst verhindert, dass befallene Tiere ins eigene Becken kommen. Wer kann, sollte ein Quarantänebecken betreiben und im Rahmen der Quarantäne die Fische mit Praziquantel nach dem unten genannten Schema behandeln. Wer kein Quarantänebecken hat, sollte zumindest jeden Neuzugang mit einem Süßwasserbad überprüfen und  dann selbst entscheiden, ob er einen befallenen Fisch in sein Becken geben will, ein Behandlungsbecken aufstellt, oder den Fisch ins Geschäft zurückbringt.     Was kann man bei einem Befall tun? Monogenea können mit verschiedensten Behandlungen bekämpft werden. So nennt Ed Noga in seinem Standardwerk über Fischkrankheiten gegen Saugwürmer wirksame Behandlungsmethoden wie: Formalin, Organophosphate, wiederholte Süßwasserbäder, Kupfer, Mebendazol, Fenbendazol, Chloramin-T, Wasserstoffperoxid und Praziquantel.  Am besten bewährt hat sich aufgrund der guten Wirksamkeit und sehr hohen Verträglichkeit  Praziquantel, das - mit Vorbehalt - sogar im Riffbecken angewendet werden kann. Laut Noga können dabei auch Putzerlippfische, Putzergrundeln und Putzergarnelen unterstützend wirken, aber sie können den Befall nicht alleine stoppen. Erhältlich ist Praziquantel in Entwurmungstabletten beim Tierarzt (Droncit), als Pulver (für Gartenteiche) oder als Lösung für Aquarien (Sera Tremazol, JBL Gyrodol, Aquarium Münster Gyromarin, etc.).  Bei den für Aquarien angebotenen Lösungen sollte man sich an die jeweilige Gebrauchsanleitung halten und sie idealerweise in einem separaten Behandlungsbecken anwenden. Wichtig ist jedenfalls, dass die Behandlung mindestens dreimal erfolgen sollte, da bei eierlegenden Saugwürmern die Eier nicht durch das Praziquantel abgetötet werden. Sollte eine Behandlung im Hauptbecken notwendig sein - was wir aber nicht empfehlen, da es immer ein großer und riskanter Eingriff in die Beckenbiologie ist - hat sich in den USA eine Dosierung von 2,5 mg Praziquantel pro Liter Wasser bewährt. Bei dieser Dosierung kam es generell zu keinen erkennbaren Schäden am Blumentieren, den Filterbakterien oder der Mikrofauna. Stachelhäuter und Röhrenwürmer können jedoch gestresst reagieren. Das Praziquantel verbleibt 5-7 Tage im Becken, dann erfolgt ein möglichst großer Wasserwechsel und eine Filterung über Aktivkohle und dann die erneute Dosierung. Während der Behandlung selbst darf keine Aktivkohle mitlaufen und es müssen UV und Ozon sowie der Abschäumer abgestellt sein, da dieser überkochen würde. Dabei ist jedenfalls auf gute Durchlüftung des Beckens und die Atmung der Fische zu achten, da es durch die Behandlung zu vermehrter Sauerstoffzehrung oder vereinzelt auch zu Bakterienblüten kommen kann. Eine weitere Methode der Behandlung ist über das Futter, wobei hier eine Dosierung für den Hobbyisten recht schwierig ist - Vorteil ist aber eine wesentlich geringere Belastung des Beckens. Dabei wird das aufgetaute und abgetupfte Frostfutter mit dem Wirkstoff vermengt und an die Fische verfüttert. Dazu eignen sich die festen Praziquantel-Medikamente (Tabletten, Pulver) am besten. Eine genaue Beschreibung findet sich in diesem Artikel. Es wäre hier natürlich sinnvoll, wenn bereits bei den Importeuren und Händlern prophylaktisch behandelt werden würde, so das noch nicht passiert. Vor allem da Praziquantel einerseits gut verträglich ist und andererseits neben Saugwürmern auch andere häufige interne Parasiten abtötet.     Fazit   Wir hoffen Euch mit dem Artikel einen Überblick über diese doch recht problematischen Parasiten und deren Bekämpfung gegeben zu haben und hoffen, dass unerklärbare Fischtode damit in Zukunft zumindest teilweise verhinderbarer werden.  . Alex Thomasser, im Januar 2015

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PulpRider am 08.01.15#1
"Dabei wird der betroffene Fisch für 5 bis 10 Minuten in Leitungswasser oder gepuffertem und vorher belüfteten Osmosewasser mit der gleichen Temperatur wie im Aquarium gebadet"

Vielleicht liege ich ja falsch, aber 5-10 MINUTEN?!
Will man die Parasiten, oder den Fisch loswerden?
alexander_ktn am 08.01.15#2
Längere Süßwasserbäder sind für die meisten unserer Fische absolut kein Problem, man muss natürlich das Tier dabei beobachten um im Notfall abzubrechen, aber das ist bei jeder Behandlung der Fall.
gregorluenen2009 am 08.01.15#3
ahoi,
bin seit 20 meerwasser-aquarinaer, und beobachte fische bei mir oder auch bei den händlern extrem genau, und ich denke da kann man die überschrift durchaus akzeptieren. denn unglaublich viele fische sind von diesen würmern betroffen, chelmon, zwergkaiser, gramma loreto, drücker usw...
fahre sogar manchmal zu händlern+ketten, nehm mir zeit, kaufe frostfutter, aber eigentlich nur um stadien verschiedener krankheiten zu erkennen und zu verstehn !! und da spielen diese würmer eine große rolle !! ganz übel.
wahrscheinlich wissen auch viele händler und großhändler davon, sind aber machtlos bzw möchten sich keine arbeit machen.
nehmt euch mal zeit und beobachtet die hier beschriebenen "anzeichen" beim nächsten händler besuch !!

robertbaur am 09.01.15#4
Hallo zusammen

als erstes möchte ich dem Alexander ganz herzlich danken für die gute Ausführung zum Thema. Ich kann Gregor Lünen nur zustimmen, vieles liegt an der Beobachtung. Und es sind viel mehr Fische betroffen als man so denken mag.
Daher schadet es sicher nichts zu wissen was man tun kann.

viele salzige grüße
Robert

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Elbrus am 09.07.17#5
Vielen Dank für einen interessanten und ausführlichen Beitrag!!
Die Süsswasserbäder, insbesondere zwecks Prophylaxe, würden mich sehr interessieren. Wie geht man dabei eigentlich vor? Welche Dauer ist dabei angemessen? Auf welche Zeichen soll man bei den Fischen achten um die Prozedur abzubrechen? Kann man so auch die Eier oder nur die Würmer loswerden?
Ich finde es eigentlich interessant, dass in vielen Fachbüchern empfohlen wird, die neuen Fische an das Wasser des Beckens mit Hilfe der stundenlangen "Tröpfchenmethode" einzugewöhnen. Anscheinend vertragen die Fische auch ein kurzes Bad im Süsswasser mit ganz anderem Salzgehalt und pH-Wert. Warum spielt die Wassertemperatur so eine wichtige Rolle beim Süsswasserbad?
hat jemand vielleicht mehr Erfahrungen mit Süsswasserbad?
Ich würde es ungern an eigenen Fischen testen und sie unnötig stressen. Hat jemand vielleicht schon gute oder schlechte Erfahrungen damit und könnte ein paar Tipps geben?
alexander_ktn am 09.07.17#6
Hallo Elbrus,

ich hatte den Artikel geschrieben und Robert hat mich gebeten, Dir zu antworten. ;)

Grundsätzlich sollte die Temperatur und der pH des Süßwasserbades jener des Wassers entsprechen, in dem sich der Fisch befindet. Ganz genau wird man es nicht hinbekommen. Ich persönlich verwende Leitungswasser, das hat wo ich wohne eine Karbonathärte von ca. 10°, ist also super gepuffert.

Bei mittleren bis größeren Fischen sind die 5-10 Minuten, die im Artikel erwähnt sind, unproblematisch, ganz kleine Fische wie Blennies, Zwerggrundeln, Clowns etc. würde ich wenn nur kurz dippen. Meistens wollen die Fische zuerst mal aus dem Wasser springen und sitzen dann aber ruhig in einer Ecke (Süßwasser hat weniger Auftrieb als Meerwasser). Lippfische können sich auch mal tot stellen (das kennt aber eh jeder, der schon mit denen hantiert hat.) Warnzeichen wo ich abbrechen würde, wäre z.B. wenn sich ein Tier gar nicht beruhigt oder auch wenn es nicht mehr versucht, sich aufzurichten aus einer totalen Schieflage.

Die Tröpfchenmethode ist nur zu empfehlen, wenn die Fische nicht lange im Beutel waren - ansonsten macht sie mehr Schaden als Nutzen (Stoffwechselprodukte im Transportwasser werden bei höherem pH-Wert giftig, vereinfacht gesagt). Ganz ideal wäre: Süßwasserbad mit an Transportwasser angepasstem pH, Transfer in reines Salzwasser mit dem gleichen niedrigen pH, langsamer pH-Ausgleich, dann erst ins Becken. Aber das macht privat niemand.

Temperaturanpassung ist deshalb wichtig, weil Fische wechselwarm sind und mit mehreren schnell wechselnden Temperaturänderungen nicht gut klarkommen.

Die Eier der Saugwürmer befinden sich je nach Art am Beckenboden, in den Kiemen oder es gibt auch lebendgebärende Arten. Bei den Arten, die die Eier an den Kiemen anheften, wird das Süßwasserbad nicht ausreichend sein, aber es zeigt zumindest an, ob eine starke Infektion vorliegt. Bei den beiden anderen Fortpflanzungsmodi ist die Chance groß, dass der Befall durch das Bad unterbrochen wird. Habe ich aber ein Becken mit hunderten gesunden Fischen & Korallen, würde ich wahrscheinlich einen Neuzugang mit offensichtlichem Befall in Quarantäne geben und dort vorsorglich behandeln.

Süßwasserbäder helfen übrigens auch gegen das Einschleppen ein paar anderer Ektoparasiten.

Ich hoffe das beantwortet alle Fragen.

lg, Alex
Elbrus am 19.07.17#7
Hallo Alex
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen und Tipps!
Jetzt traue ich mich auch ein Süsswasserbad auszuprobieren, falls es notwendig sein sollte. Bis jetzt hatte ich immer Glück. Vielleicht lag es aber daran, dass ich die Fische beim guten und vertrauten Händler kaufe?
Es ist für mich immer wieder beeindruckend wie die Fische in verschiedenen Bedingungen überleben können. Einige Fische leben ja problemlos in Salz- und brackwasser oder wechseln komplett von Salz- ins Süsswasser (z.B. Lachse).
Ich schätze, dass sich auch während des langen Transports von Zierfischen aus dem Übersee die Temperatur und der pH-Wert des Wassers mehrmals ändert... Ich habe zwar keine Angaben dazu gefunden, wahrscheinlich hat sich noch niemand das Transportwasser angeschaut. Wenn der pH-Wert des Wassers wichtig ist, würde vielleicht die Zugabe eines natürlichen Puffers die Sterberate während des Transports reduzieren. Deswegen wundern mich auch einige Eingewöhnungsmethoden.

Noch eine kurze Frage: wie könnte ein durchschnittlicher Aquarianer den pH-Wert schrittweise richtig einstellen? Salzsäure und Natronlauge haben wahrscheinlich nur die wenigsten zur Hand? Hättest du vielleicht da ein Tipp?

Nochmals vielen Dank und beste Grüsse
Anna
alexander_ktn am 22.07.17#8
Hallo Anna,

Buffer im Transportwasser ist kontraproduktiv, da z.B. Ammonium/Ammoniak bei höherem pH viel giftiger für die Fische ist.

Ist die pH-Wert-Frage auf das Eingewöhnen bezogen? Den pH niedriger bekommen kann man in dem Fall - bevor der Fisch in das Wasser kommt - mit den im Handel erhältlichen pH-Minus-Produkten, das sind einfach Säuren (man muss aber vorsichtig sein und sollte das ganze vorher einfach mal ohne Fisch testen). Erhöhen dann entsprechend schrittweise mittels Zugabe von Wasser aus dem Aquarium, wo der Fisch reinkommen soll.

lg, Alex

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