Heinz Mahler ist nun schon hinglänglich bekannt für seine hervorragende Arbeit in Bezug auf natürlich Nahrung für Fische im Aquarium. So reiht sich dieser Artikel ein durch fachlich hilfreiche Tips zur besseren Fischgesundheit und Ernährung mit diversen Braunalgen (Kelp).
Beispielhaft die Braunalge „Nereocystis leutkeana“
Nereocystis leutkeana ist eine Unterart der Braunalgen mit dem deutschen Namen „Bullenpeitschen Seetang“, oft auch einfach Bullen-Seetang genannt. Es ist ein ausgezeichnetes Futter für unsere Korallenfische und teilweise auch Invertebraten, da es einen sehr hohen Anteil Vitamine sowie Mineralstoffe und Spurenelemente enthält die unsere Tiere zum überleben zwingend benötigen. Selbstverständlich darf man nur natürlich getrockneten und unbehandelten Seetang verfüttern, der oft in Asia-Shops sowie Naturkostläden zu findende „roasted“ Tang oder auch Kelp ist ungeeignet. Fragen Sie nach „unbehandeltem“ Seetang, es gibt ihn in so gut wie jedem Asia- oder Naturkostladen in Deutschland.
Nereocystis leutkeana findet man an den offenen Küsten des Pazifiks von Alaska bis Kalifornien. Er wächst in der subtidal Zone oftmals bis 20 Meter an das Ufer heran und ist eine der größten Braunalgen weltweit. Der Bullen-Seetang kann bis zu einer Länge von 40 Meter wachsen. Diese Alge bzw. Seetang besteht aus einem bis zu 36 Meter langem Stiel an dem sich, von der Form an ein Skalpell erinnernde, Blätter ausbilden. Jeder Stiel hat ebenfalls wenigstens einen, an eine Glühbirne erinnernden „Schwimmer“ (sieht aus wie eine Boje) der den Tang an die Wasseroberfläche wachsen lässt und dort „hält“! Der „Schwimmer“ bzw. die Boje hat einen Durchmesser von ca. 10 - 15 cm und ist mit bis zu 3 Liter Gas (Kohlenmonoxid) gefüllt, welches den Stiel und die Blätter aufrecht im Wasser stehen lässt (bei Flut). Nereocystis leutkeana wächst in großen Kelpwälder. Diese Wälder dienen als Schutz für die Fische und deren Brut sowie für viele wirbellose Tiere, und sind unter anderem eine wichtige Nahrungsquelle für unter anderem sehr viele Seeigel Arten.
Nereocystis leutkeana wächst nur eine Saison, dann stirbt Sie ab, deren Reste werden anschließend am Ufer während der Winterstürme im Pazifik regelrecht zermahlen und gelangen so als eine Art des Phytoplankton in den Ozean zurück wo er den Fischen weiterhin als Nahrungsquelle dient.
Die Vegetationszeit von Nereocystis leutkeana ist in der Regel nur von März bis September. Im Spätsommer und Frühherbst kann man oft dunkelbraun gefärbte Flecken auf den Blättern des Seetang sehen, diese dunklen Flächen sind sogenannte Sporenflecken, welche Gruppen von Sporen halten, man nennt diese auch Sori oder Sporangien. Diese „Sporenflecken“ oder Sporangien fallen schließlich ab und sinken auf den Meeresboden. Dort angekommen öffnen sich die Kapseln und entlassen mikroskopisch kleine männliche oder weibliche Gametophyten (Geschlechtszellen). Die männlichen Gametophyten geben daraufhin Spermien ab, die von dem Ei, das in den weiblichen Gametophyten enthalten ist, angezogen werden. Nachdem das Ei befruchtet ist wächst die sogenannte Zygote schließlich zu einem neuen Sporophyt und diese entwickeln sich schlussendlich dann im folgenden Frühjahr zu neuen Tangwäldern.
Ursprünglich für den menschlichen Verzehr gedacht (Sushi), werden nur die Blätter geerntet. Sehr sorgfältig, eines nach dem anderen und von Hand. Die einzelnen Blätter werden nicht abgespült, aber man hängt sie zunächst für ca. 6 -8 Stunden auf „Leinen“ aus rostfreiem Stahlseil in die Sonne wo zunächst alles Wasser abfließt und sie anschließend trocknen. Probiert man ein Stück dieses getrockneten Seetang, man kann es von der Konsistenz mit Kartoffel-Chips vergleichen, stellt man fest es schmeckt nicht aufdringlich, eher angenehm nach Salz. Bei dem Salz handelt es sich fast ausschließlich um Kalium-, nicht um Natriumsalze. Der Anteil an Mineralien und Spurenelementen beträgt zwischen 25 – 50 % und ist abhängig von Jahreszeit und Herkunft. Es sind ALLE essentiell notwendigen Spurenelemente enthalten, gesünder kann man herbivore Fische kaum ernähren.
Folgende Mineralien sind in Nereocystis leutkeana enthalten. Kalium, Natrium, Kalzium, Jod, Magnesium, Schwefel, Stickstoff, Eisen, Zink, Bor, Kupfer, Mangan, Chrom, Selen, Brom, Vanadium und schließlich Nickel. Von Bedeutung ist außerdem ihr Gehalt an weiteren Elementen wie Molybdän, Silizium, Aluminium oder Germanium. All diese Mineralien sind, selbstverständlich in unbedenklichen Mengen, in Seetang vorhanden.
Die meisten „Meer-Gemüse“, wozu auch der Seetang zählt, sind ausgezeichnete Quellen für Vitamine. Man findet in Nereocystis leutkeana unter anderem die Vitamine A, B, vor allem aber B12, C, D, E und K sowie essentiellen Fettsäuren wie Niacin und Folsäure die ein Fisch oftmals auf keine andere „natürliche“ Weiset aufnehmen kann.
Faktisch bedeutet dies das der Seetang von einer Qualität ist, der mit keiner an Land angebauten Pflanze vergleichbar ist, er übertrifft sie alle um Längen (auch noch in getrockneter Form) an gesunden Mineralien und Vitaminen. Eine sehr gesunde Nahrungsergänzung für den Menschen und ein ideales Futter für Meeresfische jeder Art.
Weitere gut als Futter für Korallenfische geeignete Seetange sind die unten genannten Arten die alle vergleichbare Mineralien und Vitamine aufweisen wie Nereocystis leutkeana, lediglich die Menge differiert.
Hervorragend, in meinen Augen sogar besser geeignet weil höher konzentriert an Mineralien ist Macrocystis integrifolia. Leider ist dieser Seetang nur sehr schwer in Europa zu finden. Er wird vereinzelt von Asia-Shops importiert, meines Wissen allerdings nur von einem Exporteur aus Kanada angeboten (BC-Tang) und leider nur an den Handel in größerer Menge abgegeben.
Ebenfalls gut geeignet ist Fucus gardneri. Man findet diesen Seetang ebenfalls in großer Zahl auf Felsen der mittleren und niedrigen Gezeitenzone entlang der Pazifik-Küste der USA und Kanada. Von Yakutat-Bay in Alaska bis Santa Barbara in Kalifornien. Auch dieser Tang ist im Feinkosthandel sowie Asia-Shops vereinzelt zu kaufen und wird von dem schon zuvor genannten Unternehmen in Kanada sowie einem weiteren in den USA vertrieben und in den Gewässern von Oregon über Washington und Britisch-Columbia regelmäßig geerntet.
Saccharina japonica, auch einfach nur Kombu genannt, ist ein weiterer Seetang der sehr gut geeignet ist für unsere Korallenfische. Man findet diesen Seetang in der Natur vornehmlich vor der Insel Hokkaido in Japan in den meist sehr kalten Küstengewässern dieser Region. Allerdings stammen weit über 90 % dieses Seetangs aus kultiviertem Anbau. Kombu findet man absolut sicher in Asia-Shops. Ein möglicher Nachteil von Kombu ist der relativ hohe Anteil an Jod. Schon 15 Gramm Kombutrockenmasse deckt den Jahresbedarf eines Menschen. Kum eine andere Alge oder Tang weist einen vergleichbar hohen Jodanteil auf. Kombu gibt es gewöhnlich getrocknet wie alle Tangsorten, ist aber teilweise auch als getrocknete Flocken (Oboro kombu) im Asia-Shop und Naturkostläden zu erhalten. Wegen des relativ hohen Jodanteils sollte man Kombu maximal ein bis zweimal in der Woche verfüttern.
Bleibt übrig als letzte zu empfehlende Alge bzw. Seetang Undaria pinnatifida, auch Wakame genannt, zu beschreiben. Viele kennen diese Alge auch als Nori-Alge. Da sie DIE Sushi-Alge schlechthin ist, wird sie leider meist vor behandelt mit Geschmacksverstärkern und sonstigen Substanzen und Gewürzen die für unsere Fische nicht eben als gesund zu bezeichnen sind. Diese Alge (aus dem Asia-Shop) wäre meine letzte Wahl, ich würde, so ich sie kaufen kann, jede zuvor genannte der sogenannten Nori-Alge vorziehen.
Alle zuvor genannten Algen bzw. Seetang Arten haben eines gemeinsam, sie eignen sich ohne Ausnahme ausgezeichnet als Nahrung für unsere Fische besonders aber auch für Algen fressende Tiere die sonst nur schwer an Ersatzfutter zu gewöhnen sind (Seehasen, bestimmte Schnecken und Krebse sowie seltene Seeigel etc.). Hat man einen Seehasen und dieser hat in einem Aquarium "seine Arbeit Getan", kann man ihn auch OHNE vorhandensein von Algen im Becken weiter gut mit jeder Art Seetang ernähren. Man muss sie nicht zum verhungern verdammen, wie es leider oftmals geschieht.
Sie sehen, es gibt durchaus nicht NUR NORI, sondern viele andere Arten die oftmals (eigentlich immer) besser geeignet sind eine gesunde und ausgewogene Ernährung unser Korallenfische, hier einmal im speziellen die Doktorfisch- aber auch Kaiserfischarten erwähnt, sicher zu stellen. Ich würde mich freuen wenn Ihne dieser kurze Artikel ein paar „marine“ Alternativen zu Kopfsalat, Gurke und Banane aufgezeigt hat und sie sich entschließen könnten dies zukünftig Ihren Tieren als zusätzliches, natürliches, marines und zu guter letzt „pflanzliches“ Futter anzubieten. Ihre Tiere werden es Ihnen danken, da bin ich mir absolut sicher.
Heinz Mahler © ReefDreams.de
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