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Pathogene Bakterien im Meerwasseraquarium Teil 2

Die Sorten

Pathogene Bakterien im Meerwasseraquarium - Keimbelastung im Frostfutter - Von Tierarzt Harald Mülder und Robert Baur-Kruppas

Seit ca. zwei Jahren häufen sich Berichte von Aquarianern, dass es nach der Fütterung mit Frostfutter zu Fischkrankheiten bzw. auch Verlusten gekommen war. Die Diskussionen darüber gehen zu der Zeit zurück, als es bei Frostartemia der Marke Golden Gate ein Verketten der Artemien zu beobachten war. Schon immer wurde von Fischverlusten ohne erklärlichen Grund berichtet, ohne jedoch einen schlüssigen Beweis zu haben. Da nun diese Verkettelung auftrat, meinten einige Aquarianer darin einen Zusammenhang zu erkennen.

Inkubator

Die Meldung über Krankheiten und Verluste veranlassten uns einen Nachweis von Bakterien von verschiedenen Frostfuttersorten zu machen. Hierzu holten wir drei verschiedene Futtersorten, 1. Artemia Golden Gate, 2. Welke Premium Mix (Artemia, Mysis, Lobstereier gemischt) und 3. ein No Name Mysis Futter. Nach der theoretischen Überlegung der Durchführung und der Besorgung der Universalagarplatten trafen wir uns Anfang Mai 2005.


Ausführung:

Aus den verschlossenen Originalproben, deren Kühlkette nicht unterbrochen wurde, entnahmen wir nach einer Oberflächendesinfektion der Verpackung jeweils 1,0 Gramm der Probe. Diese wurde mit 1 ml steriler physiologischer Kochsalzlösung verdünnt um sie auf Agarplatten gleichmäßig zu verteilen. Diese Agarplatten wurde dann in einen Inkubator (Brutofen) verbracht und regelmäßig beobachtet.

Sehr bald zeigte sich die Brisanz des von uns gewählten Themas.

Die von Golden Gate auf der Verpackung versprochene Keimfreiheit konnte in keiner Weise gehalten werden. Im Gegenteil, so zeigte sich die Wuchscharakteristik einzelner Kolonien wie die von den gefürchteten Vibrionen. Auch die zweite Frostfuttersorte, Welke Premium Mix, war nicht keimfrei jedoch waren hier eher unbedenkliche Keime nachweisbar. Erfreulicherweise waren die No Name Mysis recht unbelastet.



Ergebnis: Bildnachweis:

leicht gelblichen Vibrionenkolonien

Welke Premium Mix

Mysis 7.5.2005

Aquarienwasserprobe Harald Mülder



Bei allen Agarplatten zeigte es sich das die Keime nicht an den festen Futterbestandteil gebunden waren, sondern im freien Wasser vorlagen.

Aufgrund der Ergebnisse entschlossen wir uns, eine Keimdifferenzierung in einem renommierten Labor in Auftrag zu geben, auch um nicht Anfechtbar zu sein. Wir besorgten eine neue Platte Artemia der Marke Golden Gate die sorgfältig verpackt 10 Minuten später im Labor des Tierärztlichen Instituts Göttingen abgegeben wurde. Nach einer Woche wurde uns mitgeteilt das unter anderem Vibronaceae festgestellt wurden die jedoch nicht weiter differenziert werden konnten. Diesen isolierten Keim ließen wir zur weiteren Differenzierung ins Institut für Mikrobiologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover verschicken.

Das Ergebnis war wie befürchtet.

Das Labor wies den Vibrio metschnikovii nach. Dieser Keim spielt bei vielen Infektionen im Tierreich, wie auch beim Menschen, eine wichtige Rolle. Aufgrund diesen Ergebnisses entschlossen wir uns noch einmal, mehrere Proben, diesmal direkt nach Hannover zur Untersuchung einzureichen. Wir besorgten Proben in einem Zoogeschäft in Göttingen und Lünen.

Kühl verpackt

Die Sorten

Auch hier wurde auf ein Unterbrechen der Kühlkette geachtet, indem das Futter in einer Styroporbox mit Eis transportiert wurde.


1. Golden Gate Artemia
2. Artemia der Marke Ruto
3. Mysis der Marke Ruto
4. Krill (No Name)
5. Meerwasser Premium Mix (Welke Eigenmarke)

Diese wurden dann persönlich im Institut in Hannover abgegeben. Nach 10 Tagen, am 24.10.2005, bekamen wir die mit Spannung erwarteten Ergebnisse.


Goden Gate Artemia:
Auch hier wurde wieder Vibrio metschnikovii nachgewiesen, wie auch der fischpatogene Aeromonas hydrophila. Die Gesamtzahl der in 1g kulturell nachgewiesenen koloniebildenden Einheiten (KbE) der aeroben Bakterien lag bei 1,5 x10 hoch 6

Desweiteren wurden noch andere Leitkeime gefunden: Sphingomonas paucimobilis, Brevundimonas/Olgiella Gruppe


Artemia Ruto:
Hier wurden keine spezifisch Fischphatogene Keime nachgewiesen, jedoch ist der hohe Keimbehalt als recht bedenklich einzustufen. Die Gesamtzahl der in 1g kulturell nachgewiesenen koloniebildenden Einheiten (KbE) der aeroben Bakterien lag bei 1,5 x10 hoch 5.
Leitkeime: Citrobacter freundii, Escherichia hermanii, Pseudomonas fluorescens, Enterococcus-species, alpha-hämolysierende Streptokokken, Chryseobacterium indologenes, Klyera species.


Mysis Ruto:
Die Gesamtzahl der in 1g kulturell nachgewiesenen koloniebildenden Einheiten (KbE) der aeroben Bakterien lag bei 2,5 x10 hoch 4.
Leitkeime: Enterococcus species, Stenotrophomonas maltophilia
Dieses Ergebnis ist im Gegensatz zu den Artemia erfreulicher. Jedoch sind auch hier Fäkalkeime vorhanden.


Krill:
Die Gesamtzahl der in 1g kulturell nachgewiesenen koloniebildenden Einheiten (KbE) der aeroben Bakterien lag bei 5 x10 hoch 5.
Leitkeime: Enterococcus species, Pseudomonas putida, Micrococcus species, koagulasenegative Staphylokokken, coryneforme Bakterien, Stenotrophomonas maltophillia.
Aufgrund des hohen Keimgehaltes auch eher als Bedenklich einzustufen.


Meerwasser-Premium Mix:
Die Gesamtzahl der in 1g kulturell nachgewiesenen koloniebildenden Einheiten (KbE) der aeroben Bakterien lag bei 1 x10 hoch 5.
Leitkeime: Enterococcus species, Micrococcus species, coryneforme Bakterien.


Die Ergebnisse liegen uns natürlich in schriflticher Form vor.

Das Ergebnis der TIHO


Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt aus den auf dem Markt angebotenen Frostfuttersorten. Aber es ist erschreckend dass der Marktführer Golden Gate fischpathogene Vibrionaceae enthält. Denn diese Keime haben die Potenz, einen Fisch der keine Immunität gegen diese Keime hat, zu infizieren, auch wenn er ansonsten gesund und ohne Stress ist. Andererseits kann es auch sein, wie im ersten Artikel beschrieben, bei einer entsprechend guten Imunlage, diese Fische über einen langen Zeitrum mit diesem Keim gefüttert werden, und nicht erkranken. Dann zeigt sich aber häufig, dass frisch eingesetzte Fische, nach kurzer spurlos verschwinden.

Aus Interesse wurde von uns nun ein Resistenztest für Aeromonas hydrophila und Vibrio metschnikovii in Auftrag gegeben. Dies ist zwar in diesem Fall unüblich, da man einen Resistenztest dann machen lässt wenn man eine Behandlung durchführen möchte, aber uns interessierte die Resistenzlage gegen Antibiotika um evtl. Rückschlüsse auf Antibiotiakeinsatz in den Zuchtstationen schließen zu können. Die Wirkung der Antibiotika ist jedoch durchweg recht gut, so dass nicht anzunehmen ist das durch langjährigen Antibiotikaeinsatz einen Resistenz entstanden ist.

Das auftreten von Virbrionen auf Golden Gate Artemia nahmen wir zum Anlass die Fa. Golden Gate (Novalek) zu kontaktieren. Die Fa. nahm das Problem sehr ernst, und versprach sich darum zu kümmern.

Kurz nachdem wir die ersten Ergebnisse in der Hand hielten, lasen wir aufmerksam in der Koralle Ausgabe 34 den Artikel von Dr. Patrick Schubert und Dipl. Biologe Holger Kraus (www.pro-marin.de) über käufliche Lebendfuttersorten .

Patrick Schubert und Holger Kraus sind bekannt durch ihre Erfolge in der Seepferdchen- und Berghia-Zucht Hier konnten wir in einem Satz nachlesen, das auch sie negative Erfahrungen mit Artemien machen mussten. Daraufhin nahmen wir Kontakt mit Patrick Schubert auf und erfuhren dass hier Artemien der Marke San Franzisco für den Zusammenbruch seiner Seepferdchen- sowie Berghianachzuchten verantwortlich war. Im Institut der Uni Giessen wurden Vibrionen sowohl in den Artemien wie im Magendarmtrakt der verstorbenen Seepferdchen, sowie in den Berghiaschnecken und in den Glasrosen nachgewiesen.

Aufgrund dieser Ergebnisse sind wir uns heute sicher, dass viele Fischverluste auf das Konto von Vibrionen auf Frostfutter zurück zu führen sind. Dies ist aus der heutigen Sicht eines der größten Probleme in der Meerwasseraquaristik, die sich besonders dann darstellt wenn man Fische halten will die in erster Linie auf Frostfutter angewiesen sind.

Mit diesem Wissen konzipierte Harald eine Wirkstoffmischung auf Basis von reinen Naturwirkstoffen und empfahl diese Mischung an die Fa. Fauna Marin, die dieses Futter nun in größeren Mengen herstellt. Bei dem Importeur und Großhändler Tropical Live Import zeigten Versuche, dass die Akzeptanz sehr gut war, und die Ausfallrate an frisch importieren Tieren signifikant verbessert wurde.

Dieses Problem scheint nicht nur bei den Aquarianern vor zu liegen. Auf der Messe Fisch & Reptil erfuhren wir von einem Lobsterzüchter aus USA dass sie mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. Mit einer Übersetzung von Albert Maier (Ecosystem) gelang es uns den Züchter von unseren bisherigen Erfahrungen mit Artemia und der Keimbelastung in Kenntnis zu setzen.

Im übrigen raten wir jedem Aquarianer der es selber genauer wissen möchte zu einer Untersuchung. Die ist im Einzelfall, mit ca. 30 Euro je Probe (ohne Resistenztest), erschwinglich.


Fazit:
Da wir annehmen, dass sich auf kurz oder lang an der Keimbelastung nichts ändern wird, empfehlen wir alle Frostfuttersorten vor der Verwendung gründlich zu spülen und nach dem Auftauen sofort zu verfüttern. Nicht nur das man die Phosphatbelastung minimiert, man kann dadurch auch eine Großzahl der Keime wegspülen.

Harald Mülder und Robert Baur-Kruppas


Fischpathogene Vibrionaceae:
Aeromonas hydrophila – Erythrodermatitis
Aeromonas salmonicida – Furunkulose
Aeromonas salmonicida ssp. Nova – Erythrodermatitis
Vibrio alginolyticus – Vibriose
Vibrio anguillarum – Vibriose
Vibrio damsellae – Vibriose
Vibrio ordalli – Vibriose
Vibrio salmonicida – Hitra-Krankheit
Vibrio vulnificus – Vibriose

 



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robertbaur

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Salvelinus am 26.02.08#1
Vibrionenkontamination von Frostfutter:

Vibrionen gehören zur natürlichen Bakterienflora der Meere. Sie kommen im freien Wasser, in Sedimenten oder auf und in Seefischen, Plankton und Krebsartigen vor. Sie kontaminieren häufig Erzeugnisse aus Seefisch oder Meeresfrüchte. Besonders gefürchtet ist Vibrio parahaemolyticus, der schwerste Erkrankungen beim Menschen auslösen kann. Bei Nationen, die sich traditionell überwiegend von Meeresprodukten ernähren wie z.B. Japan, werden über 50% aller Magen-Darmerkrankungen durch Vibrionen ausgelöst. Nicht genügend erhitzte Krabben und besonders Muscheln, die als Filtrierer die Vibrionen in ihrem Organismus anreichern, sind hier besonders gefährlich.

In Deutschland sind derartige Infektionen bis jetzt selten. Vibrio metschnikovii wurde aber bereits in Tiefkühlfisch nachgewiesen. Vibrio metschnikovii wird zudem häufig in Umweltproben und Abwasser und an Krebsen und Garnelen gefunden.
Vibrio fluvialis wurde auf Thunfischfilets gefunden. Er verursacht so wie der berühmteste Vertreter der Vibrionen, Vibrio cholerae, ebenfalls schwere blutige Durchfälle und in der Folge Dehydration.

Ich teile die Meinung der Autoren, dass bei Wildfängen, die bisher in sehr gering belasteten Meeren gelebt haben, eine derartig massive Exposition mit fischpathogenen Bakterien zu einer extremen Belastung des Immunsystems bis zum Zusammenbruch des infizierten Organismus führen kann. Kurzfristig bleibt nur das sorgfältige Spülen und damit eine weitgehende Abreicherung der Bakterienmenge.

An die Verarbeiter und Lieferanten von Tiefkühlfutter muss man wohl in Zukunft ähnlich hohe Anforderungen stellen, wie an lebensmittelverarbeitende Betriebe für Tiefkühlfisch. Eine „Suppe“ aus adulten Artemien mit teilweise lysierten Zellen und Zellplasma ergibt einen idealen Nährboden bis zum Durchfrieren der Platten. Daher sind Keimzahlen mit 10 hoch 6 KBE keine Überraschung. Wenn man dann als Aquarianer das Frostfutter noch einige Zeit auftaut und warm stehen lässt ergießt sich beim Füttern der Super-Gau in Becken.

Es bleibt abzuwarten, was die Lieferanten des Frostfutters unternehmen können, um hier die Keimzahlen zu reduzieren. Man kann das Futter schlecht thermisch oder chemisch behandeln, ohne die Akzeptanz beim Kunden zu gefährden. Also bleibt nur strenge Hygiene und lückenlose Einhaltung der Kühlkette.

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