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Magazin: Onchidium –Schnecken als Grenzgänger

nur von unten erkennt man die Schnecke

... und dies in mehrfachem Sinne. Zuerst hielt ich die Tiere für marine Nacktschnecken und habe sie auch so in meiner Fotodatei unter den Hinterkiemern geführt. Allerdings gelang es mir lange nicht, die Art oder gar die Gattung zu bestimmen. Aber ich habe auch immer an der falschen Stelle gesucht. Erst der Tipp einer führenden Expertin für marine Nackstschnecken lies mich nach weiteren Schneckengruppen suchen und schließlich fand ich sie – Onchidium verruculatum. Die Art ist im Indopazifik weit verbreitet.

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Onchidium –Schnecken als Grenzgänger

Andre` Luty

Die Familie Ochidiidae ist nicht näher mit den Hinterkiemern des Meeres verwandt, sondern die gehört zu den Lungenschnecken, die im Grenzbereich zwischen Luft und Wasser in Riffgebieten aber auch in Mangroven und Ästuaren vorkommen. Sie steht also den Lungenschnecken des Landes und Süßwassers näher als allen Meeresschnecken. Dazu atmen sie Luft über primitive Lungen und/oder modifizierte Kiemen. Taxonomen bildeten für die Gruppe eine eigene Ordnung: Systellommatophora. Allerdings ist die systematische Zuornung zu anderen Schneckenordnungen auch nach inzwischen erfolgter DNA-Analyse nicht möglich. Ich fand die Art zuerst unter Steinen in flachen Sandbuchten. Bei Ebbe fielen die Steine trocken und die Schnecken verbargen sich gemeinsam mit Einsiedlerkrebsen der Gattung Clibanarius unter der Steinmitte in der Restfeuchte. Hier überstanden sie auch eine Erwärmung von bis zu 36°C in der Mittagssonne.

Habitat am Roten Meer bei Quisier

Die Ökologie der Familie Onchiidae wurde über lange Zeit wissenschaftlich nicht beachtet – wahrscheinlich, weil sich keiner mit den Grenzgängern so richtig beschäftigte, obwohl eine nahe verwandte Art Onchidella celtica auch an der europäischen Küsten vorkommt. Alle Arten leben in den oberen Gezeitenbereichen. Ochidium verruculatum ist in ihrem Habitat sehr anpassungsfähig und verträgt so sehr gut Temperaturschwankungen von bis zu 18°C (Bereich etwa zwischen 18 und 36 °C = Winter – Sommer, ca. 10 °C Temperaturschwankung pro Tag) und starke Salinitätsschwankungen (5 – 35 ‰). Die Individuendichte kann 1 – 2 Tiere pro Quadratmeter in Mangrovenhabitaten erreichen. Enorm ist das Wäremebedürfniss. Die Tiere sind in der Lage die Bodentemperaturen zu akkumulieren und sie sind dann sogar wärmer als das sie umgebende Wasser. Dadurch bleiben sie trotz z.T. widriger Bedingungen agil. Aber auch Hitze ist kein Problem. In einer zu warmen Umgebung – in der Sonne - gibt ihr Körper Wasser ab, um sich zu kühlen. Sie erreichen dann Körpertemperaturen von bis zu 5°C unter dem Umgebungsmilieu.

Onchidium verruculatum


Als Nahrung stehen an den meist kargen Küstenlinien nur wenige Organismen zur Verfügung. Ochidium-Arten haben sich meist auf Diatomeen und Detritus spezialisiert. Diese finden sie vor allem im feinkörnigen Sediment der Sandzonen, den sie wie die Seegurken oder Regenwürmer fressend durchkriechen. Verschiedene Ochidium-Arten wie O. damelli von Nordaustralien sind sogar von bestimmten feinkörnigen Substraten mit ihrer spezifischen Mikrofauna abhängig. Ochidium verruculatum ist jedoch weniger anspruchsvoll und ernährt sich auch von höheren Algen wie Padina und Ulva. Auf Nahrungssuche gehen die Tiere bei Ebbe. Bei Flut ziehen sie sich an geschützte Stammplätze zurück.

Onchidium verruculatum

Wenig ist über die Vermehrung bekannt. Die Tiere finden sich zu Laichgruppen von über 10.000 Tieren zusammen. Onchidiidae sind Hermaphroditen, d.h. sie besitzen sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsorgane. Allerdings brauchen sie einen Partner für den Sex. Zur Begattung schießen die "Männchen" chitinartige Liebespfeile in den Weibchenkörper, wie man dies auch von den bei uns heimischen Nacktschnecken her kennt.

An ihre meist karge Umgebung sind die bis 12 cm langen Schnecken durch ihre sandähnliche Färbung und die vielen unterschiedlich großen Noppen und Anhängsel auf dem lederartigem Rückenschild hervorragend angepasst. Dass man eine Schnecke vor sich hat, erkennt man erst, wenn man die Tiere umdreht. Räuber übersehen die Tarnung meist – und sollte sie doch enttarnt werden, kann die Schnecke einen Giftcocktail einsetzen, der den Räuber den Appetit verdirbt. Aufgrund dieses Giftcocktails ist Ochidium verruculatum inzwischen auch für die pharmazeutische Wissenschaft interessant.

nur von unten erkennt man die Schnecke


Für die Pflege sind Gezeitenaquarien mit einem wechselnden Wasserstand geeignet oder man pflegt sie im Aquaterrarium und sorgt für einen größeren Spritzwasserbereich durch eine Pumpe. Die Pflege im Brackwasser ist gut möglich, jedoch sollten 10 ‰ Salzgehalt nicht längere Zeit unterschritten werden. Wichtig sind eine größere schon länger eingefahrene Sandschicht im Wasser und einige Steine als Versteck. Günstig erwies sich Lebender Sand, der im Meerwasserfachhandel gelegentlich angeboten wird. Algensteine – auch aus dem Süßwasser - werden gern als Futter angenommen. Auch Tomatenhälften werden gefressen. Ob Flockenfutter gefressen wird, konnte ich nicht beobachten. Eine Vergesellschaftung mit kleinen Mangove- oder Winkerkrabben ist möglich, solange sie nicht versuchen, die Schnecke zu fressen. Auf teure Fische im Wasserteil sollte man wegen des Giftes der Schnecken weitgehend verzichten oder man gewöhnt einfache Fische wie Platys oder Guppys ans Brackwasser. Wenn sich die Schnecke nicht wohl fühlt, kann es passieren, dass alle Fische aufgrund der Giftzabgabe zugrunde gehen. Die Art sollte im Temperaturbereich von 25-28°C gepflegt werden, wobei ein UV-Spot für den Uferbereich (flacher Stein unter der Wasserlinie) sich als günstig erwies. Hier können die Tiere "Hitze" tanken. Leider findet man die Schnecken kaum im Zoohandel, so ist man auf Selbstimporte oder gute Seewasserhändler angewiesen. Insgesamt sind die Schnecken recht gut zu pflegen.

Die Schnecke wird seit kurzer Zeit einer neuen Gattung zugeordnet.

Neu: Peronia.



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robertbaur

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