Diese Story möchte ich für andere Aquarianer öffentlich machen, damit ihnen ähnlich schlechte Erfahrungen erspart bleiben. Es ist die Chronologie einer Ursachensuche, die mir letztendlich die Freude an der Meerwasser Aquaristik vergällt hat und schließlich mit einer fast banalen Erkenntnis endete.
Krankheit, Schwermetalle, Vergiftung? Die Suche nach einem Phantom
Diese Story möchte ich für andere Aquarianer öffentlich machen, damit ihnen ähnlich schlechte Erfahrungen erspart bleiben. Es ist die Chronologie einer Ursachensuche, die mir letztendlich die Freude an der Meerwasser Aquaristik vergällt hat und schließlich mit einer fast banalen Erkenntnis endete.
Kurz die Vorgeschichte:
Mein erstes Meerwasserbecken hatte ich im Jahre 2008, nachdem ich mein halbes Leben Süßwasseraquarianer war. Es war ein 1600 Liter Becken und mit ihm entdeckte ich die Freude an der Meerwasseraquaristik. Leider wurde dieses Becken zwei Mal undicht und ich musste es nach 25 Monaten aufgeben. So ganz ohne war ich auch nicht glücklich und so legte ich mir Anfang 2013 eine schöne Aquarienkombination zu. Das Becken hat die Maße 180x70x70 cm, das Technikbecken mit allen Komponenten hatte ich noch von meinem ersten Aquarium. Es fasst 300 Liter und steht im Untergeschoß, direkt unter meinem Aquarium. Die Versorgungsleitungen laufen über Bohrungen durch die Decke.
Alles nach Plan – die positive Phase
Zunächst lief alles in eine positive Richtung, ich war inzwischen im Ruhestand und konnte mich voll um das Becken kümmern. Die Korallen wuchsen anfangs wenig und zeigten kaum Farbe. Die Ursache dafür war eine Nährstofflimitierung, es war so gut wie kein Nitrat und Phosphat vorhanden.
Durch Internetrecherchen stieß ich auf einen Bericht von Jörg Kokott, der genau dieses Problem beschrieb. Ich nahm mit ihm Kontakt auf und wurde von ihm sachkundig und kompetent beraten.
Schließlich entschloss ich mich, das Sangokai-System auszuprobieren. Die Entwicklung danach war eine Wucht! Sämtliche Korallen wuchsen gut, meine Fische, insbesondere meine Feenbarsche (Gramma loretto), laichten um die Wette und mein Kauderni-Männchen hatte ständig Nachwuchs im Maul.
Im ganzen System entwickelte sich ein Leben, wie ich das bisher noch nicht erlebt hatte. Es wimmelte von Mysiden, Flohkrebsen und allerlei Kleingetier.
Diese positive Entwicklung hielt bis etwa Mitte Oktober 2014 an. Die Korallenstöcke hatten zwischenzeitlich beachtliche Ausmaße angenommen und ich musste immer wieder „gärtnerisch eingreifen“, indem ich Korallenableger bildete. Die ganze Familie hatte viel Freude an dem Becken, das sich zu einem echten Schmuckstück entwickelt hatte.
Schleichende Verschlechterung – die negative Phase
Ab Mitte Oktober 2014 schien sich die Entwicklung ganz allmählich ins Negative zu kehren. Meine Grammas laichten nicht mehr und stellten ihren „Nestbau“ ein. Insgesamt hatte ich das Gefühl, dass einige meiner Fische deutlich weniger Aktivität zeigten. Diese Entwicklung verlief aber so schleichend, dass ich sie zunächst nur unbewusst wahrnahm. Am 19. Oktober notierte ich erstmals „Fressunlust“ in meinem Aquarien-Tagebuch. Dieser offensichtliche Appetitmangel steigerte sich in den Folgetagen bei einigen Fischen bis zur totalen Futterverweigerung. Das war besonders bei meinen zwei Hawaii-Docs und bei meinem Fuchsgesicht der Fall. Außerdem zeigten die meisten meiner Fische eine sehr stark beschleunigte Atmung. Da ich zuvor über viele Wochen weder neue Fische noch Korallen eingesetzt hatte, glaubte ich nicht an eine eingeschleppte Fischkrankheit, fing aber an, mir über die möglichen Ursachen den Kopf zu zerbrechen.
Die beschriebenen Symptome verschlechterten sich weiter und so suchte ich am 6. November per E-Mail erstmals Rat bei Jörg Kokott. Er konnte sich die Symptome auch nicht richtig erklären und vermutete eine eventuelle Vibrionen-Infektion über das Frostfutter.
Ich schaute meine Frostfutter sehr kritisch an und glaubte zu erkennen, dass eine aktuell genutzte 500 g-Platte Krill eine etwas hellere Farbe als die gelagerte Reserveplatte hatte. Also ab in den Müll damit! Dazu muss ich sagen, dass ich das Frostfutter nach dem Auftauen immer sorgfältig unter fließendem Wasser gespült habe.
Die Probleme wurden indes nicht kleiner und einer meiner beiden Putzer-Lippfische war das erste Todesopfer.
Meine Anemonenfische verloren immer mehr ihre schöne Orangefärbung und zeigten eine schmutzig-schwärzliche Verfärbung.
Das große Suchen
Ich suchte fieberhaft nach einer möglichen Ursache und schaute mir die „Zutatenlisten“ aller Mittel an, die ich in mein Becken dosierte. Bei Sangokai Nutribacter stieß ich auf die Zutat „Methanol“ und ich wusste ja, dass Methanol ein ziemlich giftiger Stoff ist. Also eine E-Mail an Jörg mit der provokanten Frage, warum er so giftiges Zeug als Kohlenstoffquelle verkauft. Ich war drauf und dran, es mir mit meinem sehr geschätzten Ratgeber zu verscherzen.
Jörg konnte mich schnell überzeugen, dass aufgrund der immensen Verdünnung eine toxische Reaktion durch das Methanol nicht möglich war. Dennoch setzte ich die Dosierung der Kohlenstoffquelle ab, da im Technikbecken an wenig durchströmten Stellen schleimige Bakterienanhäufungen feststellbar waren. Außerdem vermutete ich eine Sauerstoffunterversorgung durch den hohen Sauerstoffverbrauch der Bakterien. Da die Leistung meiner Rückförderpumpe aufgrund der Steigungshöhe von 2,5 Meter grenzwertig war, kaufte ich eine stärkere Pumpe und erhöhte so den Durchsatz durch den Eiweißabschäumer enorm. Mit einer Membran-Luftpumpe und einem Lindenholz-Ausströmer brachte ich zusätzlichen Sauerstoff direkt ins Becken.
Zunächst glaubte ich auch eine Besserung zu erkennen, aber ich hatte mich zu früh gefreut.
Mein zweiter Putzer-Lippfisch und ein Flammen-Zwergkaiser lagen morgens tot im Becken.
Die Suche ging weiter und bescherte mir schlaflose Nachtstunden, in denen ich über die möglichen Ursachen der Misere nachgrübelte.
Als nächste Maßnahme ließ ich mein Aquarienwasser bei Triton und bei Herrn Gilbers untersuchen. Außer einem etwas zu hohen Phosphatgehalt, und unerklärlich hohen Molybdän- und Vanadiumwerten, waren die untersuchten Parameter im grünen Bereich. In einem Telefongespräch mit Herrn Dasthi von der Fa. Triton sprach ich über die Symptome bei meinen Fischen und erfuhr von ihm, dass eine neue Krankheit aufgetreten sei, die nur die Grundeln überleben würden. Alle anderen Fische würden meistens sterben.
Solche Mitteilungen stürzten mich natürlich in noch tiefere Verzweiflung und ich suchte weiterhin fieberhaft nach möglichen Ursachen. Ich glaubte aufgrund des Verhaltens meiner Fische eher an eine Vergiftung, zweifelte aber zugleich auch wieder an dieser Vermutung, weil ich einfach zu viele Kleinlebewesen im System hatte.
Im Verlauf der folgenden Wochen führte ich dann nacheinander folgende Maßnahmen durch:
Alle diese Maßnahmen brachten keine durchgreifende Besserung und ich spielte allmählich mit dem Gedanken, dieses schöne Hobby aufzugeben.
Auf der Fisch- und Reptilienmesse in Sindelfingen sprach ich mit verschiedenen Leuten und schilderte ihnen meine Probleme. Auch hier bekam ich fast durchweg nur die bedauernde Auskunft, dass ich mir was ziemlich Übles eingefangen habe. Die meisten tippten auf eine bakterielle Infektion oder auf Kiemenwürmer.
Nachdem ich gegen Jahresende 2014 eine Besserung zu erkennen glaubte, gingen die Probleme im Januar 2015 weiter. Mein Fuchsgesicht war zwischenzeitlich erblindet und stieß überall im Becken an. Nachdem er sich eine Reihe von Verletzungen geholt hatte, musste ich ihn schließlich von seinem Leiden erlösen. Das fiel mir unendlich schwer und vergällte mir zusätzlich die Freude an dem Becken.
Schließlich bekam ich Kontakt mit Harald Muelder, der nach der Schilderung der Symptome bei meinem Fuchsgesicht auf eine toxische Wirkung auf das zentrale Nervensystem tippte. Es musste also irgendetwas im Becken toxisch wirken.
Wieder zermarterte ich mir den Kopf über mögliche Ursachen, dachte über den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bei meinen Zimmerpflanzen und andere Möglichkeiten nach, ohne zu einem Ergebnis zu kommen.
Schließlich machten auch mehr und mehr die wunderschönen Korallenstöcke schlapp und ich konnte einige Mal nur durch schnelle Fragmentbildung das Absterben ganzer Stöcke verhindern.
Mehr und mehr verlor ich die Freude an dem wunderschönen Hobby, ja es wurde eher zur Last.
So entschloss ich mich schließlich im Mai 2015 zur Aufgabe des Beckens und trennte mich im Juni 2015 von meinen Tieren.
Einige Fische und Korallen, die ich an Bekannte abgegeben hatte, erholten sich in deren Becken rasch, was mir die Gewissheit verschaffte, dass irgendetwas in meinem Aquarium toxisch wirken musste.
Die verspätete Erkenntnis
Ende Juni 2015 war das Becken völlig geleert und ich machte mich an das Ausräumen des Technikbeckens. Den im Technikbecken untergebrachten Eiweißabschäumer musste ich bei der Einrichtung des Beckens höher stellen und stellte zu diesem Zweck unter jeden der vier Standfüße zwei Ziegelsteinhälften. Im Wasserkreislauf befanden sich somit insgesamt 4 Ziegelsteine, die ich im Baumarkt gekauft hatte. Dabei ging ich davon aus, dass Ziegelsteine aus Lehm oder Ton gebrannt werden und keinerlei kritische Stoffe an das Wasser abgeben.
Als ich diese Steine aus dem Technikbecken entnahm erinnerte ich mich daran, dass ich während meiner beruflichen Tätigkeit mal davon gehört hatte, dass Sonderabfälle in Ziegelsteine gebrannt wurden. Eine Internetrecherche bestätigte meinen Verdacht. Ich stieß auf einen Artikel, wonach insbesondere in Baden-Württemberg unter Beteiligung der LfU (Landesanstalt für Umweltschutz) Sonderabfälle, wie Galvanikschlämme, Filterstäube, Säureteer und andere Problemabfälle dem Rohstoff „Lehm“ zugemischt- und in die Steine gebrannt wurden.
Nun hatte ich zwar eine Ahnung, unternahm jedoch zunächst nichts, da ich das Geschehen ohnehin nicht mehr rückgängig machen konnte. Das Aquarium funktionierte ich als Süßwasserbecken um.
Die Ziegelsteine lagen dann unter meiner Balkonplatte ein Jahr im Freien. Doch die Sache ließ mir keine Ruhe, immer wieder fragte ich mich, ob sie für das Dilemma ursächlich waren.
Schließlich orderte ich im August 2016 bei Gilbers Umwelttechnik ein Wasseranalysepaket und übersandte eine Probe der Backsteine an Reefanalytics. Die Probe wurde dort mehrere Wochen in Reinstwasser eingelegt und analysiert. Das Ergebnis ist eindeutig, die Analysewerte des Einlagewassers ergaben teilweise heftige Überschreitungen der Idealwerte (Abweichungen in Prozent).
Als Beispiele sind zu nennen: Cadmium +87,4%, Chrom + 2053,1%, Chromat +1993,3%, Kupfer +4557,2%, Arsen +34,2%, Zink +1868,5%, Gallium +27663,3%.
Diese Werte zeigen, dass ich mir mit den Ziegelsteinen eine Zeitbombe ins Becken gelegt hatte, die eine langsame und zerstörerische Wirkung entfachte. Zusammen mit den zu dosierten Elementen kam es zu einer schleichenden Vergiftung des gesamten Systems.
Man muss allerdings auch erst darauf kommen, dass ein im Grunde völlig unproblematisches Produkt, wie ein Ziegelstein, mit dem Segen staatlicher Umweltbehörden zum Sondermüllträger umfunktioniert wird. Mir wäre nicht wohl bei dem Gedanken, dass ich in einem Haus wohne, dessen Mauern auf diese Weise als Sondermülldeponie dienen.
Aufgrund dieser schlechten Erfahrungen kann ich allen Aquarienfreunden nur raten, beim Einbringen von Gegenständen in ein Becken sehr kritisch zu sein.
Robert Ripberger
Wie gefällt Ihnen dieser Artikel?
Damit Sie selbst etwas schreiben können, müssen Sie sich vorher anmelden.