Hiermit präsentieren wir Ihnen einen äußerst interessanten Artikel zum breiten Thema: LED, T5, HQI. Der Artikel wird ganz sicher bei dem einen oder anderen auch zum Nachdenken über die Thematik anregen.
Überlegungen zum Thema Licht für die Meerwasseraquaristik
ein Artikel von Dr. Luigi de Gaudenzi, www.marineorganisms.de
Keine Frage: Beim Thema Beleuchtung in der Meerwasseraquaristik gehört die Zukunft schlicht und ergreifend der LED-Technik.
Die Fakten sprechen für sich: Hohe und noch steigerungsfähige Lumen/Watt Ausbeute. Keine Wärmestrahlung. Enorm lange Lebensdauer. Einfaches Prinzip. Keine UV-Strahlung. Der Farbzusammenstellung sind keine Grenzen gesetzt. Problemlos dimmbar, sogar Wolkeneffekte sind realisierbar. Die Totenglocken läuten für T5, und wer Metalldampflampen einsetzt, ist ohnehin von vorgestern.
Diese Zusammenstellung von Argumenten macht jedoch auch nachdenklich, weil erfahrungsgemäß Sachverhalte im realen Leben meist nicht ganz eindeutig zu beurteilen sind, und diese Gedanken möchte der Autor gerne teilen.
Häufig ist die Angelegenheit mit den lumen/watt doch nicht so ganz klar. Also versuchen wir es ganz von vorne.
Die Maßeinheit für Energie inklusive jener, die über das Licht transportiert wird, ist Joule (J). Wird pro Sekunde, egal auf welchem Wege, 1 Joule an Energie übertragen, so beträgt die Leistung 1 Watt. Zum Beispiel können bei einer Lichtquelle, die einen Verbrauch von 100 Watt aufweist (der also pro Sekunde 100 Joule in Form von elektrischer Energie zugeführt werden), 5 Joule pro Sekunde in Form von Licht und die restlichen 95 Joule in Form von Wärme abgegeben werden. Diese Lichtquelle hat einen Wirkungsgrad von 5% bezogen auf das Licht, und von 95% bezogen auf die Wärme.
Ist aber auch irgendwie am Thema vorbei, weil die Frage auf die Lumen abzielte. Hier also das fehlende Glied: Alles was ‚Lumen‘ beinhaltet bezieht sich nur auf ein ganz spezielles Licht, nämlich jenes, das das menschliche Auge ganz besonders gut sieht. Und dieses Licht ist gelb, richtig gelb (555nm). Für Meerwasseraquarien also richtig gut geeignet?
Dennoch: Infrarotstrahlung kommt aus den LEDs definitiv keine heraus, im Gegensatz zu diesen Entladungslampen, die alles rösten, was ihnen im Wege steht. Es lebe also die Effizienz und die kühle Umgebung! So cool sind LEDs leider auch nicht, die Energieverschwendung findet nicht in Form von IR-Strahlung, sondern eher als längerwellige Wärmeabstrahlung statt, die an der Rückseite austritt und eine sehr gut funktionierende Kühlkonstruktion erfordert. Besonders wenn LEDs an ihrer Leistungsgrenze gefahren werden.
Gut funktionieren muss die Kühlkonstruktion. LEDs haben ein Wirkungsoptimum, das auf Temperaturen sehr empfindlich reagiert. Für ein LED-Leben gilt: Das Licht, das doppelt so hell (und so warm) leuchtet, verglüht auch schnell. Die Steuerelektronik mag es übrigens auch lieber kühl. Die Lebensdauer dieser beiden Komponenten ist eher auf eine temperierte Umgebung abgestimmt. Die Konstruktion will also schon etwas durchdacht und erprobt sein: Treiber, Kühlkörper, LED, technische Komponenten, so ganz einfach wie bei einer Lichterkette für den Weihnachtsbaum scheint das Prinzip dann doch nicht zu sein. Das war auch die Meinung von Sanjay Joshi in Sindelfingen auf der Fisch & Reptil am 5.12.2010.
Werden in den handelsüblichen Leuchten UV-emittierende LEDs verbaut? Diese sind spezielle Ausführungen, und man kann davon ausgehen, dass dies meistens nicht der Fall ist. Überhaupt sind die Spektraldaten der Hersteller zu ihren Produkten eher dürftig. Ultraviolett-Strahlung ist aber ein essentieller Bestandteil des Sonnenlichtes, und viele Farbstoffe in der Tier- und Pflanzenwelt sind auf die Wechselwirkung mit diesem Licht ausgelegt. (Ein ordentlicher Lichtbogen liefert diese Strahlung übrigens frei Haus.)
Es sei an dieser Stelle nochmals klar gestellt: Es soll hier persönlichen Befindlichkeiten gegenüber der LED-Technik kein freier Lauf gegeben werden. Aber für Euphorie gibt es zum jetzigen Zeitpunkt auch keine Anhaltspunkte. Schließlich muss irgendwo auch das Preis-Leistungsverhältnis stimmig sein.
Zugegeben, das letzte Argument zählt dann nicht mehr, wenn das visuelle Resultat einfach gefällt.
Und dies ist eine sehr individuelle Entscheidung - über Geschmack lässt sich bekanntlich trefflich streiten. Persönlich zieht der Autor ein Licht mit scharfen Spektralbereichen vor, das lässt ein Aquarium irgendwie ‚klarer‘, mit weniger ‚verwaschenen‘ Farben und natürlicher aussehen. Auch vorbeifliegende Wolken im Aquarium sind nicht unbedingt ein Muss, so häufig kommt das im Riff dann eben doch nicht vor.
Beispielhafter Spektralvergleich zwischen HID, T 5 und LED
Das Plasma einer Entladungslampe emittiert klar definierte Linien. T5 und LED benötigen zur Konversion der Strahlung sogenannte Phosphore, die eine bei LED besonders stark ausgeprägte Linienverbreiterung bewirken. Der dabei unvermeidbar entstehende, unerwünschte Gelbanteil wird durch eine überproportionale Zumischung von Blau kompensiert. Allerdings wirken die Farben durch diesen Trick dann etwas ‚verwaschen‘. Dieses Phänomen ist eigenständig und hat mit dem Kringeleffekt nichts zu tun.
Es bleibt Raum für noch mehr Nachdenklichkeit. Schon immer versucht die Industrie in egal welcher Branche, die Entwicklungskosten auf die Verbraucher abzuwälzen. Erinnern wir uns an die Anfänge des PC-Booms, als ein Zeitraum von wenigen Monaten einen Preisverfall um die Hälfte der neuesten Hardware nach sich zog. Heute erleben wir es beispielsweise mit Smartphones, Unterhaltungselektronik und was der Dinge mehr sind. Das mag eine gängige Vermarktungspraxis sein. Aber wenn bestehende Technologien noch nicht einmal annähernd ausgereizt sind, schwingt die Nachdenklichkeit in Zweifel um. Und seien wir ehrlich: Kaum vorstellbar, dass gerade der Nischenmarkt, den wir Aquarianer bilden, von der Industrie mit den aktuellsten Innovationen versorgt wird. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Produkte dann erst ausgereift sein werden, wenn sich LED im Alltagsleben breit etabliert hat.
Das Thema Ökobilanz ganz zum Schluss. Eingangs wurde dargelegt, warum der Punkt ‚Wirkungsgrad‘ den Autor nicht überzeugen kann. Er beinhaltet zudem auch nur einen Teilaspekt. In einer ehrlich geführten Diskussion müssen nämlich auch die Produktion und die Entsorgung betrachtet werden. Bei der ersten ist die Bilanz für LED noch etwas intransparent, zu viele Schritte sind in der Fertigung involviert. Was die Entsorgung betrifft, sind bei T5 und Metalldampflampen, die auf ein getrenntes Dasein von der Leuchte ausgelegt sind, die Recyclingwege und -prozesse standardisiert. Für LED ist dem Autor dergleichen nichts bekannt, und es wird auch ungern angesprochen.
Es sind in diesen wenigen Abschnitten einige jener Gedanken kurz angedeutet worden, die in Diskussionen unter Aquarianern immer wieder geäußert werden. Auf eine tiefergehende Analyse ist bewusst verzichtet worden – jeder einzelne Punkt bietet genügend Nahrung für leidenschaftliche Diskussionen zwischen den drei Anhängerfraktionen: HID – T5 – LED. Sollte es am Ende gar keine eindeutige Lösung geben?
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