- oder wie setze ich eine Kohlenstoffquelle erfolgreich als Filtermedium ein - Der Artikel von Heinz Mahler behandelt seine langjährigen Erfahrungen mit der "Wodka" Methode.
Kohlenstoff als Filtermedium gegen die Nitrat/Nitrit und Phosphat-Belastung in unseren Meerwasser-Aquarien einzusetzen ist ja durchaus nichts neues, jeder engagierte Meerwasser- Aquarianer weiß das.
Schon vor vielen Jahren, um nicht zu sagen Jahrzehnten, wurden - und werden nach wie vor - diverse „Kohlenstoffquellen“ zur Nitrat/Nitrit/PO4 Reduktion eingesetzt. Ob sie nun Zucker, Honig, Methanol, Baumwollwatte oder eben auch Wodka (um nur die wichtigsten zu nennen) einsetzen, alle vorgenannten sind mehr oder weniger gut geeignet die No2/3 sowie PO4 Belastung in unseren meist überbesetzten Aquarien in vertretbaren Grenzen zu halten. Alleine die Handhabung und die Möglichkeit einer exakten Dosierung unterscheiden die vorgenannten Quellen in ihrer Verwendbarkeit. Die einzige der vorgenannten Kohlenstoffquellen die einen immer gleich bleibenden, durch den Alkoholgehalt vorgegebene, „Kohlenstoffgehalt“ hat, ist Wodka. Sowohl in Zucker und Honig als auch der Baumwollwatte sind recht unterschiedliche Mengen von Kohlenstoff enthalten, sie lassen sich somit nur schwer exakt dosieren. Eine möglichst genaue Dosierbarkeit ist in meinen Augen aber mit ausschlaggebend für einen erfolgreichen Einsatz dieser „Filtermedien“ im Aquarium.
In vielen Artikel und diversen Foren- und Fachbeiträgen rund um den Globus, wurde schon über den Einsatz von Wodka als Filtermedium geschrieben. Hervorheben möchte ich hier die Beiträge von Michael Mrutzek und Jörg Kokott zum Thema Wodka-Methode, die sehr ausführlich und detailliert über den von ihnen beschrittenen Weg in verschiedenen Fachartikeln und Vorträgen sowie Forenbeiträgen berichtet haben. Die Resonanz auf diese Beiträge und Artikel reichte von 100%tiger Zustimmung bis zur strikten Ablehnung. Seltsamer weise befinden sich unter denen die z.B. Wodka als Filtermedium generell ablehnen meist Aquarianer die noch niemals Wodka genutzt, ihn aber trotzdem für schlecht oder gar gefährlich eingestuft haben. Was man von solchen Zeitgenossen halten muss überlasse ich Ihrer Fantasie. Sicher kann man eine Filtermethode ablehnen weil sie nicht als „natürliche Methode“ gilt, sie aber generell als schlecht oder gar gefährlich einzustufen ohne je eigene Erfahrungen damit gesammelt zu haben ist in meinen Augen mehr als nur übertrieben, um nicht zu sagen fragwürdig.
Erstmalig las bzw. hörte ich vor einigen Jahren in den USA über die Verwendung von Wodka bzw. Ethanol als „Filtermedium„ und entschloss mich daraufhin es ebenfalls zu versuchen. Obgleich die Anwendung von Wodka/Ethanol schon damals in den USA, wie ich Heute weiß auch hier in Deutschland, mehr als nur kontrovers diskutiert wurde, entschloss ich mich zur Anwendung. Da auch von Fehlschlägen berichtet wurde, wenn auch eher selten, war eine sehr vorsichtige und eher langsame Vorgehensweise angebracht. Die damals angegebenen Mengen je 100 Gallonen Aquariumwasser erschienen mir jedoch deutlich überhöht. Da ich es nicht besser wusste, entschloss ich mich mit einem 99 gal. (375 Liter) Aquarium den ersten Versuch zu starten. Besetzt war das Aquarium mit diversen Weichkoralle und Anemonen sowie Anemonenfischen, einem Paar Grundeln und diversen höheren Algen. Der Aufbau bestand aus Loch- und „lebend Gestein“ aus dem Pazifik (hatte ich damals vor der „Haustür“ Carmel/CA). Das Aquarium war schon über ein Jahr eingefahren, hatte aber permanent mit Nitratwerten um 20 ppt „zu kämpfen“. Ich betrieb das Aquarium nach dem „Berliner System“ mit einem starken Abschäumer und drei Strömungspumpen (gesamt ca. 4.900 gal/h) sowie einem Technikbecken (120 L). Filterschwämme oder gar Bioballs verwendete ich keine, obwohl die zu der Zeit als Nitratfilter recht „angesagt“ waren.
Ich besorgte mir eine Flasche Wodka und je eine 5 sowie 1 ml Einwegspritze zur besseren und möglichst genauen Dosierung und startete mit 1ml auf umgerechnet 100 Liter Aquariumwasser. Die erste Dosiermenge bestand also aus 3,75ml Wodka. 3ml aus der 5ml Spritze und 0,75 aus der 1ml Spritze. Lieber etwas zu vorsichtig, als auch nur ein wenig zu nachlässig, war meine Devise. Der Nitratwert lag wie schon zuvor beschrieben bei ca. 20 ppt, Nitrit war nicht Nachweisbar und PO4 maß ich mit ca. 0,2 ppt.
Nach 7 Tagen war keine bzw. kaum eine Veränderung in den Nitrat- und PO4-Werten feststellbar und ich erhöhte die Dosierung um 1ml auf insgesamt 5 ml für die nächsten 7 Tage. Nun waren allerdings einige Veränderungen zu beobachten. Den Abschäumertopf musste ich an manchen Tagen zweimal leeren. Der Inhalt des Abschäumertopfes war deutlich heller und der Schaum selbst bestand aus wesentlich größeren Blasen. Am Ende der zweiten Woche konnte ich ein langsames sinken des Nitratwerts feststellen, der PO4 Wert blieb allerdings unverändert. Den Tieren, sowohl Korallen als auch den Anemonen und Fischen, schien es gut zu gehen. Ich konnte jedenfalls keinerlei Veränderung zu vorher feststellen.
Ich startete in die dritte Woche mit einer weiteren Steigerung der Dosiermenge um 1ml auf nun insgesamt 6ml Wodka und entschloss mich von nun an auch mindestens 2-mal am Tag die Werte zu messen. Gegen Mitte der dritten Woche sank der Nitratwert kontinuierlich weiter auf ca. 15ppt. An den Scheiben des Aquariums sowie den Aufbauten bildete sich ein dünner weiß-grauer Bakterienbelag, sehr deutlich erkennbar auf dem sonst schwarzen Pumpengehäusen. Am Ende der Woche war der Nitratwert auf ca. 10ppt gesunken und eine erste „Bewegung“ beim PO4 zu vermerken, er war inzwischen deutlich unter 0,1ppt gesunken.
Die vierte Woche startete ich mit einer weiteren Erhöhung der Dosiermenge auf nun insgesamt 7ml und war gespannt was sich wohl diesmal tun würde. Ich hatte gehofft es ginge weiter „abwärts“ mit den Nitrat- und PO4-Werten, aber „Pustekuchen“…. nichts dergleichen. Dafür bildeten sich jetzt „Bakterienfäden“, ich vermutete zumindest das es welche waren (Heute weiß ich DAS es Bakterien waren). Es waren zunächst nur sehr wenige die ich einfach mit einem Schlauch absaugte. Den Topf des Abschäumers musste ich nun regelmäßig zweimal am Tag leeren. Nach Ende der vierten Woche war keine weitere Veränderung zu sehen und ich erhöhte die Dosiermenge auf 8ml Wodka und starte in die fünfte Woche.
Im verlauf der fünften Woche konnte ich die stärksten Veränderungen feststellen. Die weißen Beläge auf den Aufbauten und dem Glas wurden immer mehr, ich reinigte die Scheiben bis zu zweimal am Tag. Die Korallen schienen mit dem Bakterienbelag recht gut klar zu kommen, ich konnte zumindest keine Anzeichen von „Unwohlsein“ feststellen. Den Fischen schien es ebenfalls nichts auszumachen. Der Nitratwert sank auf einen Wert von unter 5ppt und PO4 war mit einem Wert um ca. 0.03ppt ebenfalls gesunken.
Mein Ziel, Nitrat auf einen Wert zwischen 1-5 zu reduzieren, rückte näher und ich startete in die sechste Woche mit einer weiteren Erhöhung der Wodkadosierung auf jetzt 9ml täglich. Langsam wurde es dramatisch. Der Nitratwert sank innerhalb der ersten drei Tage in der sechsten Woche auf annähernd NULL, PO4 war bei ca. 0.01ppt, mein Ziel war somit „fast erreicht“. Die Bakterienbeläge und Fäden wurden allerdings immer mehr und ich entschloss mich die Dosierung zunächst wieder um die Hälfte zu reduzieren. Die richtige Entscheidung wie sich später herausstellen sollte. Innerhalb von nur 3 Tagen verschwanden die weißen Beläge fast vollständig. Auch die Bakterienfäden verschwanden auf „nimmer wieder sehen“. Das Wasser war auf einmal kristallklar, lediglich auf den Pumpen und den Scheiben bildete sich noch ein allerdings sehr dünner Film den ich täglich entfernte. Die Dosiermenge war nun bei 4ml täglich, die Bakterienstämme mussten ja ernährt werden um weiter ihre Wirkung tun zu können. Ich hoffte nur dass die Werte nicht wieder ansteigen würden. Mein Hoffen wurde erhört. Der Nitratwert pendelte sich in den kommenden Tagen zwischen 1-5 ppt ein, der PO4 Wert zischen 0,01 und 0,03ppm. Besser konnte es nicht sein, doch blieb das jetzt auch so in den nächsten Wochen ohne wieder die Dosiermenge steigern zu müssen?
Ich dosierte weiter lediglich 4ml jeden Tag, die Werte veränderten sich aber nicht mehr gravierend, es waren nur marginale Veränderungen zu messen. Sie schwankten leicht wie schon zuvor beschrieben. NO3 zwischen 1-5ppt und PO4 zwischen 0.01 und 0.03ppt. Nitrit, Ammonium oder gar Ammoniak war nicht nachweisbar.
Nach mehreren Monaten der erfolgreichen Anwendung reduzierte ich die Dosiermenge sogar auf lediglich 3ml Wodka täglich da der Nitratwert weiter fiel und zeitweise nicht mehr nachweisbar war.
Inzwischen ist es zwar ein anderes Aquarium in dem ich die "Wodka-Methode" anwende, die Größe (Volumen) ist allerdings annähernd gleich. Da ich zwischenzeitlich auch mehrere andere Aquarien, bei gleicher Vorgehensweise, auf die schon zuvor genannten niedrigen Werte brachte, möcht ich diese Methode als problemlos anwendbar bezeichnen. Bei einer dauerhaften Dosierung von nur wenigen Milliliter Wodka täglich verschwanden in aller Regel in allen Aquarien nach dem „Einpegeln“ der Werte und der Reduzierung der Dosiermenge auf das absolutes Minimum, nach wenigen Tagen auch die letzten weißen Beläge auf Scheiben und Aufbauten. Die Werte stabilisierten sich in aller Regel dauerhaft.
Einen angenehmen Nebeneffekt hat die Anwendung der Wodka-Methode zusätzlich zur dauerhaften und kostengünstigen Senkung der Nitrat und PO4 Belastung. Phosphat Absorber wird nicht mehr benötigt, dessen Job übernimmt der Wodka mit, was mir einige Euro im Jahr an Unterhaltskosten für meine diversen Aquarien einspart.
In meinem derzeitigen Riff-Aquarium verwende ich 3ml Wodka täglich, im reinen Fisch-Aquarium sind es 8ml täglich und die Werte sind schon seit vielen Monaten, teilweise sogar seit Jahren, absolut stabil.
Für größere Aquarien benötigt man selbstverständlich auch eine größere Menge Wodka, mein 1000 Liter Aquarium kommt allerdings inzwischen auch mit einer täglichen Dosierung von lediglich 7 ml Wodka aus. Die Werte sind auch hier, wie in allen anderen Aquarien, seit Monaten unverändert stabil. Wichtig ist eine sehr vorsichtige Steigerung und sofortige Reduzierung um ca.50% der Dosiermenge bei einer zu starken Entwicklung der Bakterienbeläge. Geht man vor wie weiter oben beschrieben, kommt es meist erst gar nicht dazu. Auch kann man vollkommen Problemlos nach einer 50% Senkung der Dosiermenge langsam wieder steigern falls notwendig. Wie schon gesagt, man muss in kleinen Schritten und mit viel Geduld vorgehen, dann ist diese Methode durchaus erfolgreich und ohne jeglichen Verlust anwendbar.
Heinz Mahler © Mai 2008
Nachfolgend sehen sie noch einen kleinen Video-Ausschnitt aus Heinz Mahler´s Tank. [1 min.]
Besuchen Sie doch mal die sehr interessante und vor allem gute gemachte Homepage des Autors unter Reefdreams.de. Dort finden Sie viele weitere, sehr lesenswerte Berichte zum Thema Meerwasseraquaristik.
Weiterführende Links:
Michael Mrutzek und Jörg Kokott: Die Wodka Methode
Manuela Kruppas und Robert Baur: Erfahrungen zur Wodkamethode
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