Hallo Frank,
danke für Deine Fragen.
1. Es geht gar nicht darum, welche Stoffwechselwege schon etabliert sind und welche nicht. Die Ausgangsbelastung ist in jedem Aquarium unterschiedlich, abhängig vom verwendeten Ausgangswasser, von der Art und Qualität der Steine, des Bodengrunds, etc. Was aber sehr schnell passiert, ist das Bakterien wachsen und Biomasse aufbauen, also Nährstoffe, die Du jetzt irgendwo schon in Denitrifikationsprozessen siehst, direkt verwerten. Das gleiche machen Korallen auch, die nehmen Ammonium und Nitrat auf. Also unabhängig von den jeweiligen Stoffkreisläufen setzen wir gleich zu Beginn Verbraucher ein, die direkt Einfluß auf den Nährstoffgehalt nehmen. Eine Koralle braucht anorganischen Stickstoff, als Ammonium oder als Nitrat, und dabei ist es der Koralle völlig egal, was im Aquarum mit der Denitrifikation los ist.
Viele Aquarianer haben z.B. vor einer Nitritbelastung Angst, und setzen deshalb keine Korallen ein. Das ist aber absolut unbegründet:
Zum einen, würden Sie zügig Korallen einsetzen, dann wäre die Nitritentstehung vermutlich gar nicht so groß, weil die Korallen gleich das Ammonium verwerten. Zum anderen, die Giftigkeit von Nitrit liegt darin, dass es als Oxidationsmittel eisenhaltige Enzyme in ihrer katalytischen Fähigkeiten einschänkt. Paradebeispiel ist das Hämoglobin, also der rote Blutfarbstoff, der bekanntlich Sauerstoff und CO2 transportiert. Durch die Oxidation des Eisenatoms im Hämoglobin wird die Sauerstoffbindung gestört. Für einen Fisch bedeutet das, dass er letztlich erstickt. Korallen besitzen kein Hämoglobin, und folglich werden sie diesbezüglich gar nicht durch Nitrit belastet. Natürlich gibt es einige andere eisenhaltige Enzyme in der Atmungskette, die ebenfalls vom Nitrit gestört werden können. Praktisch habe ich aber noch nie eine Nitritschädigung an Korallen feststellen können, vielleicht deshalb, weil Nitrit von den Zooxanthellen im Korallengewebe abgezogen wird, und sich die Koralle dadurch bei einer Nitritbelastung entgiften kann. Allerdings habe ich das bei azooxanthellaten Korallen auch noch nicht erlebt.
Wie auch immer, was die Frage mit den SPS angeht: es macht keinen Sinn, mit irgendwelchen anderen Korallen anzufangen, wenn man letztlich nur SPS pflegen möchte. Was die Pflegebedingungen von SPS angeht haben wir doch heute genauste Kenntnisse, wenn der Nährstoffgehalt nicht zu hoch ist und der Kalkhaushalt stabil ist, warum soll ich dann nach 5 Tagen nicht eine SPS einsetzen? Klar, wenn ich mit schlechten Steinen 0,3 mg/L Phosphat im Becken habe, dann würde ich das auch nicht machen. Aber ein solcher individueller Umstand rechtfertigt ja keine generelle Aussage darüber, dass man SPS erst nach 2, 3 oder 6 Wochen einsetzt. Wie gesagt, man muss die Rahmenbedingungen prüfen und entsprechend agieren.
2. Es wird immer viel geschrieben von Nitraten und Phosphaten, also im Plural. Es gibt aber nur ein Nitrat-ion und auch nur ein Phosphat-Ion. Welches Gegenion letztlich im Ionenpaar vorliegt spielt bei der Phosphatbindung durch eine adsorptive Oberfläche keine Rolle, weil das Ionenpaar ja im gelösten Zustand dissoziiert, also getrennt vorliegt. Wenn im Wasser anorganisches Phosphat also das sogenannte Orthophosphat gelöst vorliegt, dann kann es theoretisch gebunden werden. Es gibt natürlich auch einige organische Verbindungen, die Phosphor in sogenannten Phosphorgruppen beinhalten. Das ist dann aber auch kein Phosphat, sondern sogenannter organischer Phosphor, den wir erstens nicht leicht nachweisen können, und den wir wiederum auch nicht so gut binden können. Organische Phosphorverbindungen können wiederum möglicherweise gut abgschäumt werden, je nachdem, was das für ein Molekül ist.
Was aber auch Deine Frage angeht: es macht wenig Sinn, phosphatbelastes Wasser zu benutzen und dann mühselig das Phosphat im Aquarium wieder zu binden. Eine UO-Anlage zieht Phosphat mit ich glaube ca. 97% Rückhalteleistung raus, wobei das auch von anderen Faktoren beeinflußt wird, wie Qualität der Membran, Druck, Wasserhärte, etc. Es ist also sicherlich sinnvoll, Phosphat im Rahmen einer Wasseraufbereitung zu entfernen. Das sollte dann aber in dieser Vereinszeitung soweit auch erläutert werden.
Ich hoffe, Deine Fragen sind ausreichend beantwortet. Beste Grüße, Jörg