Aus dem Korallenriff Magazin: Der Fangschreckenkrebs -Odontodactylus scyllarus, Von Jana Brettschneider
Der Feind in meinem Becken – mein Leben mit Fangi
Fangschreckenkrebse gelten als unwillkommene Schädlinge. Warum die intelligenten Wesen zu Unrecht einen schlechten Ruf genießen und wie der sanfte Räuber mein Freund wurde.
Seitdem die Meerwasseraquaristik im Jahr 1995 meine Leidenschaft geworden ist, hege ich einen Traum, den ich vermutlich nicht mit vielen Aquarianern teile. Vor fünf Jahren war es dann endlich soweit: genügend Platz um einem Fangschreckenkrebs ein eigenes Zuhause in unserer Korallenfarm „Das Vorstadtriff“ in Cottbus zu bieten. Seitdem ist das zutrauliche Wesen, liebevoll Fangi genannt, unser inoffizielles Maskottchen geworden.
Aus rund 400 Arten habe ich mich für den bunt schillernden Odontodactylus scyllarus Clown-Fangschreckenkrebs entschieden - ein ca. 25 cm großer Schmetterer. Anders als sein Artgenosse der Speerer, der seine Beute aufspiesst, benutzt der Schmetterer seine Keulen als Werkzeug zum Höhlenbau, zur Verteidigung oder einfach nur um Aufmerksamkeit zu erhaschen.
Faszination Fangschreckenkrebs.
Von Besuchern bestaunt, von Nachbarskindern verehrt und von mir fest ins Herz geschlossen. Am Morgen wartet Fangi geduldig auf mich als seine Vertrauensperson, deren Futterzufuhr immer garantiert ist. Dabei ist das Tier recht anspruchslos – alle 2 bis 3 Tage knurrt ihm der Magen. Dann gibt es Muschelfleisch oder kleine Garnelen. Seine Lieblingsspeise: Lebende Schnecken und Krabben. Die harten Panzer der Krebstiere werden im Handumdrehen von den blitzschnellen Keulern zertrümmert – in wenigen Millisekunden erreichen die druckvollen Bewegungen 5 kg Schlagkraft… zum Ausgleich wird auch gern Fußball mit dem geknackten Krabbenkörper gespielt.
Tagsüber spielt Fangi den Alleinunterhalter. Neugierig beäugt er jeden neuen Gast, der sein Reich betritt. Das leistungsfähigste Farbsehsystem im Tierreich (10mal nuancierter als Menschen) sowie seine 360-Grad Augen, die sich separat in einzelne Richtungen bewegen können, sollten ihm dabei dienlich sein. Fangschreckenkrebse sind übrigens die einzigen Tiere, die zirkular polarisiertes Licht sehen und sogar zur Kommunikation mit Hilfe von Lichtmustern benutzen.
Sollten Besucher zuerst mal mit was anderem beschäftigt sein, klopft Fangi mit kräftigen Hieben an die Glasfront und fordert sich so seine ihm gebührende Aufmerksamkeit ein. Wenn es Schlafenszeit ist, dann ist für Fangi die Show vorbei. Routiniert und mit allerlei Material verschließt er die Türen seiner Wohnhöhle. In der ersten Woche drehte der tüchtige Gliederfüßler jeden Stein seines Aquariums um bis es seinen wohnlichen Ansprüchen genügte. Für den regen Werktrieb von Fangschreckenkrebsen sollten stets genügend Baumaterialen zur Verfügung stehen z. B. Schneckenhäuser und Steine in verschiedenen Größen.
Plädyoyer für die putzigen Panzerwesen
Intelligent, temperamentvoll, stark, zutraulich. Trotzdem ist der Fund eines Fangschreckenkrebses, die oftmals als blinde Passagiere in lebenden Steinen ihren Einzug in das Becken finden, in den Augen vieler Aquarianer ein lästiges Unheil, das schnell beseitigt werden muss. Schnell droht der Toilettenexpress.
Warum eigentlich?
Das vom Raubinstinkt getriebene Krebstier betrachtet alles als Beute, was nicht niet- und nagelfest ist. Besitzer wollen ihren Bestand nicht verlieren – das ist verständlich. Sehr kleine Arten unter ca. 5 cm gliedern sich problemlos in das System ein und stellen keine Bedrohung dar. Bei einem tatsächlichen Risiko sollte natürlich der Fangschreckenkrebs nach eindeutiger Identifikation aus dem Becken entfernt werden. Bei genügend Platz freut sich das sanftmütige Tier über ein neues Zuhause in einem eigenen Artenbecken ab ca. 60 l Fassungsvermögen. Alternativ können die Tiere in einer speziellen Auffangstation abgegeben werden (z.B.www.fangschreckenkrebse.de).
.
Wer sich für eine größere Art vom Händler entscheidet, dem ist mit einem Artenbecken von ca. 120 – 150l mit regulärer Meerwassertechnik gut geraten. Ihr territoriales Verhalten lässt dabei keine Paarhaltung zu. Auch in der freien Wildbahn begegnen sich die Eigenbrötler nur zum Paarungsakt – danach wollen sie nichts mehr miteinander zu tun haben.
Persönlichkeit braucht Platz.
Anekdoten aus unserer Korallenfarm
Meine Faszination für Fangschreckenkrebse zeigt sich auch darin, dass Fangi nun schon der zweite seiner Generation ist. Nachdem unser erstes Männchen im Jahr 2019 gestorben ist herrschte Staatstrauer in der Korallenfarm. Doch ohne die allmorgendliche Begrüßung des kräftigen Kerlchens mit Rundumblick habe ich es nicht mal eine Woche aushalten können.
Dabei interessant: Die beiden Tiere haben völlig verschiedene Charakterzüge. Während unser erster Fangschreckenkrebs eine zurückhaltende und eher aggressive Art an den Tag gelegt hat, ist unser aktuelles Weibchen aktiv, neugierig und fast schon anhänglich.
Ein kurzes Video:
Text und Bilder von
Jana Bretschneider
Wie gefällt Ihnen dieser Artikel?
Damit Sie selbst etwas schreiben können, müssen Sie sich vorher anmelden.